peter michael hamel
geboren am 15. Juli 1947 in München, erhielt
seinen ersten Klavierunterricht im Alter von fünf
Jahren bei seiner Großtante Amalie Jensen-Pletsch,
später kamen Violine, Violoncello und Horn hinzu.
1965-70 studierte Hamel Komposition, erst privat bei
Fritz Büchtger, anschließend an der Staatlichen
Hochschule für Musik in München bei Günter
Bialas. Im gleichen Zeitraum auch Musikwissenschaft
bei Thrasybulos Georgiades und Carl Dahlhaus, Soziologie
und Psychologie in München und Berlin, Beschäftigung
mit Free Jazz, politischem Kabarett, Musique
Concrète und Elektronik. Schauspiel- und
Fernsehspielmusik für Inszenierungen seines Vaters
Kurt Peter Hamel (1911-1979).
Zwischen 1969 und 1974 arbeitete Hamel
vorwiegend mit amerikanischen Komponisten zusammen,
etwa mit John Cage, Morton Feldman und Terry Riley.
Er nahm als Mitarbeiter von Josef Anton Riedl an dessen
multimedialen Projekten teil, improvisierte mit Jazzmusikern,
aber auch mit Luc Ferrari und Carl Orff und praktizierte
freies Stegreifspiel in der von ihm mitgegründeten
international besetzten Improvisationsgruppe Between
(6 wiederveröffentlichte CDs bei intuition/wergo).
Ab 1971 begann Hamel als Pianist, Organist,
Sänger und Live-Elektroniker mit eigenen Werke
aufzutreten und zahlreiche Tourneen mit dem Goethe-Institut
zu unternehmen, die ihn unter anderem nach Bombay,
Delhi, Madras, San Francisco, New York, Toronto, Seoul,
Osaka, Kyoto, Rom, Dublin, Glasgow, Moskau, Madrid,
Lissabon, Paris und Prag führten. Auf mehreren
Asienreisen beschäftigte er sich seit 1973 mit
dem Studium fernöstlicher Gesangstile und Tonsysteme.
Sein daraus gewonnenes Wissen sowie ästhetische
Reflexionen zur Musik seiner Zeit fasste er in dem
1976 erschienenen Buch Durch Musik zum Selbst
zusammen (Taschenbuch in 7.Auflage bei Bärenreiter).
Während seines Stipendiumaufenthaltes
in der Villa Massimo in Rom 1979/80 entstand das erste
abendfüllende Bühnenwerk Ein Menschentraum,
1981 in Kassel in der Inszenierung von Dieter Dorn
uraufgeführt.
Vortrags- und Konzertreisen führten
ihn 1982-1990 durch Europa, USA und Asien. In diesem
Zeitraum entstanden neben vielen Kammermusikwerken
(darunter das 1986 vom Kronos-Quartett bei
den Darmstädter Ferienkursen uraufgeführte
Zweite Streichquartett), verschiedene Bühnenmusiken
für die Münchner Kammerspiele, sowie die
Lyrikoper Kassandra (uraufgeführt 1987
bei den Frankfurt Festen). Außerdem wurde
seine Musik mehrfach bei den IGNM-Weltmusiktagen aufgeführt,
ebenso bei den Salzburger Festspielen und den Berliner
Festwochen.
Orchester- und Chormusik für die
Donaueschinger Musiktage und alle (west-)deutschen
Rundfunkanstalten. Seine erste große Sinfonie
Die Lichtung erklang 1988 zum Abschluß
der 1. Münchener Biennale unter Sergiu Celibidache,
bei dem Hamel Phänomenologiestudien betrieb,
1990 folgte ein Violinkonzert für Christiane
Edinger in der Reihe Musica Viva in München.
1994-96 lehrte Hamel als Gastprofessor an der Musikhochschule
Graz.
Als Auftragswerk zum 100. Geburtstag
der Münchner Philharmoniker 1995 entstand die
erfolgreich aufgeführte Missa. Anschließend
schrieb der Komponist weitere oratorische Werke, wie
die Passion (uraufgeführt mit Dietrich
Fischer-Dieskau) und Die Menschenrechte für
mehrere SolistInnen und Schulchöre. Sein vielleicht
radikalstes Musiktheater-Projekt, das aus einem Musiktheater
und einer Radiokomposition bestehende Shoah
setzt sich mit dem Holocaust auseinander (1990-96),
die darin enthaltenen Fünf Tore für
Orchester wurden 2009 innerhalb der Hamburger Reihe
"das neue werk" uraufgeführt.
Hamels Orchester-, Chor- und Kammermusikwerke
sind bei Bärenreiter, E.R.P. und Schott verlegt,
zahlreiche CD-Veröffentlichungen bei wergo/intuition
und Celestial Harmonies, TV-Produktionen, Filmportraits
und Stimmfilm-Neuvertonungen für den BR (Passion,
1997) und das ZDF (SWD, Der lebende Leichnam, Dr.Caligari).
Neuveröffentlichungen auf CD 2007: Alexander
String Quartet und Vom Klang des Lebens mít
Roger Woodward, der 2009 auch im Münchener Gasteig
die konzertante Weltpremiere des einstündigen
Klavierwerkes spielte.
1997 wurde Hamel als Professor für Komposition
und Theorie an die Hamburger Hochschule für Musik
und Theater berufen. Dort war er Leiter des Studio
21 für aktuelle Musik und ist präsidialer
Beauftragter für interkulturelle und interdisziplinäre
Projekte.
In Hamels Kompositionsklasse machten so erfolgreiche
und verschiedenartige junge Komponisten wie Jörn
Arnecke, Minas Borboudakis oder Sascha Lino Lemke
ihr Diplom, seine Studierenden im Multimedia-Masterstudiengang
kommen und kamen aus Argentinien, China, Frankreich,
Griechenland, Kolumbien, Rumänien, Portugal und
Südkorea.
Mit dem 1998 gegründeten Interkulturellen
Musikinstitut in Aschau/Chiemgau, dem Hauptwohnsitz
seiner siebenköpfigen Familie, schuf Hamel ein
über die Grenzen des akademischen Betriebs hinaus
arbeitendes Forum für harmonikale Grundlagenforschung,
akustische Kunst, Ethnomusikologie, Gruppenimprovisation,
sowie Stimm- und Atemarbeit.
Seit 2000 ist Hamel Vorsitzender der Musiksektion
an der Freien Akademie der Künste, Hamburg und
im Juli 2007 wurde er in die Bayerische Akademie der
Schönen Künste aufgenommen. Seine zweite
Sinfonie Die Auflösung für Chor und
Orchester (2000-2007) hatte 2008 ihre Premiere bei
der 11. Münchener Biennale. Derzeit arbeitet
der Komponist an einem umfänglichen Musiktheaterprojekt
zum Thema Nahtoderfahrungen: last minute, eine
Teiluraufführung fand am 18.6.09 in der Münchner
Musica Viva statt.
Zahlreiche Preise würdigten sein Schaffen, darunter
Förderpreise der Städte Bonn (1974), Stuttgart
(1975), München (1977), der GEMA-Stiftung (1981),
zweimal Rostrum of Composers, Paris. Hamel
war composer in residence im Westen der Republik
Irland und beim Schleswig Holstein Musikfestival 1988.
Im gleichen Jahr folgte der Schwabinger Kunstpreis
der Stadt München und 1994 ein Preis beim Carl-Orff-Wettbewerb
für zeitgenössisches Musiktheater. Im Juli
2007 wurde er für seine Chormusik mit dem Gerhard-Maasz-Preis
ausgezeichnet und im November 2008 wurde ihm der Gerda-
und Günter Bialas-Kompositionspreis verliehen.
Zu Hamels 60.Geburtstag schrieb der Staatsminister
der deutschen Bundesregierung für Kultur und
Medien, Bernd Neumann: als Wanderer zwischen
den musikalischen Welten sind Sie ein Pionier:
Von neuer Musik über Jazz und Rock bis zu außereuropiäischen
Einflüssen reicht das Spektrum der Traditionen,
aus denen Ihre Musik schöpft. Aus immer neuen
Quellen haben Sie Inspiration für Ihre Werke
gewonnen und dabei doch ein ganz eigenes, originäres
Universum geschaffen. Mit ihren Grenzüberschreitungen
haben Sie das Musikleben in Deutschland außerordentlich
bereichert und gehören heute zu den herausragenden
Komponisten der Gegenwart.
Literatur:
Peter Michael Hamel: Ein neuer Ton, Schriften
zu einer ganzen Musik
(Alliteraverlag, München, 2007)
Frank Helfrich: Zwischen den Welten
zum Komponieren von PMH
(Pfauverlag, Saarbrücken, 1999)
-------------------------
Peter Michael Hamel (born in Munich,
15 July, 1947) ranks as one of the best known and
most successful German composers of his generation.
He studied musical composition, psychology and sociology
in Munich and Berlin with teachers as Bialas, Büchtger,
Dahlhaus and Georgiades, attended workshops with Karlheinz
Stockhausen and continued his education abroad, spending
several extensive periods in Asia. Hamel has entered
into an intensive engagement with musical cultures
from outside Europe, especially the classical music
of India. He has drawn inspiration from Asian philosophies
and from encounter with the works of Jean Gebser and
C.G.Jung to present music that seeks to make itself
accessible to the listener through meditative experience
and self-exploration. Also he worked and studied with
great American composers as John Cage, Morton Feldman
and Terry Riley.
In 1970, he founded "Between",
an international group of improvisational music with
whom he made several records, published by intuition/wergo
and in 1978 he initiated the Freies Musikzentrum in
Munich, an institute for musical education and therapy.
In 1976, his book Through Music to the Self was
published, obtaining wide circulation in Europe and
the U.S.
Since 1997 he is the successor of György
Ligeti as professor for composition at the music academy
of Hamburg. His orchestra and chambermusic is published
by Schott, Bärenreiter and E.R.P./Celestial Harmonies.
He composed four operas, many pieces for orchestra
as "Gestalt", violin and piano concertos,
spiritual compositions as "Missa" for soprano,
choirs and orchestra, "Shoah" (radio-composition
about the Holocaust), a lot of chambermusic like four
stringquartets and he is constantly working as a selfperforming
artist (piano, prepared piano, pipe organ, voice and
live-electronics). His first symphony has been premiered
by Sergiu Celibidache in 1988, his second symphony
had its premiere in April 2008 with the Munich Philharmonic.
In 2007 Hamel's "Of the Sound of Life"
for great pianist Roger Woodward has been published
by Celestial Harmonies (13256-2).
-------------------------
Peter Michael Hamel, "Gestalt for Orchestra"
Sinfonieorchester des Südwestfunks
Cristobal Halffter, conductor
PETER MICHAEL HAMEL
No composer of his generation has met the challenge
of non-European music so squarely and worked it into
his own music so intensively as has Peter Michael
Hamel. And the many facets of his output reflect not
only a complex personality but also a multi-level
view of music and society which Hamel has faced from
the outset of his career.
Born in Munich in 1947, Hamel first studied composition
with Buchtger and Bialas and musicology with Georgiades
and Dahlhaus. But even as a young man he was not interested
solely in the analysis of contemporary music or in
the creative potential of composition: he was equally
fascinated by those spontaneous crusades into new
musical realms which are possible in a group, and
which were undertaken in the 1960s in Free Jazz as
well as by many free improvisation ensembles.
From the age of 23 Hamel devoted himself whole-heartedly
for an entire decade to the improvisatory group "Between",
which he co-founded. The very name of the group harbours
an aesthetic platform; as Hamel himself has said:
'"Between means the intermediary world in which
'between music' takes place. Between music is collective
music. Between music is improvised composition. It
takes place between the 'philharmonic', the 'avant-garde'
and 'jazz'. The six musicians in Between come from
two continents and three worlds. Their dream is the
blue flower growing between the
milestones on the road to a future world-music."
The music of this group, which was documented in
a continuous series of gramophone recordings, is fascinating
not only for its gingerly approach to non-European
musical models but also for its fruitful and far-ranging
confrontation with indigenous music of several centuries
and continents. Hamel himself appeared at many festivals
as a pianist, organist, singer and producer of live
electronic sounds, honing himself into a musician
and composer by constant contact with the practical
side of music. He made several foreign tours, of which
those to the Indian subcontinent turned into intellectually
crucial voyages of discovery.
In 1976 he published a book, "Durch Musik zum
Selbst" (Using music to reach the Self), an impressive
account of his association with non-European music
which reflects his studies of Indian vocal styles
and tonal systems as well as his experiences with
breathing therapy. This book reveals fundamental spiritual
patterns which even today still serve as the basis
of his work as a composer. Hamel's early essays in
composition such as "Dharana" for orchestra,
solo improvisers and tape (1972) or "Samma Samadhi"
for orchestra, chorus and solo improvisers (1972-3)
attempt to transform his experiences with non-European
music to meet the demands of improvisation. With his
orchestral piece "Diaphainon" (1973-4),
"Maitreya" (1974) and "Integrale Musik"
(197~-6), however, he began a series of works which
continues to the present day and might best be described
as experiments in integration. All of these pieces
attempt to fuse spiritual experiences from two major
cultural realms. And it is no secret that in recent
years - most notably in his opera "Ein Menschentraum"
(A dream of man) which was premiered in Kassel in
1981 - Hamel has restrained the "oriental",
i. e. Indian, Tibetan and Far-Eastern influences in
his music, solidifying the compositional structure
and eliminating the influence of improvisation. This
same "East-West" conflict reappears in sublimated
form in his "Gestalt fur Orchester", a work
written in 1980 for the Donaueschingen Festival and
premiered there in the same year. -- Wolfgang Burde
Holistic Composition
In autumn of 1972 I first became acquainted with
the writings of Jean Gebser, a Swiss cultural philosopher
who, in his major works "Abendlandische Wandlung"
and "Ursprung und Gegenwart", argues on
behalf of a change of consciousness, which he considers
a necessity of our time. As he wrote in "Ursprung
und Gegenwart": "Today, rational ego-consciousness,
whose mightiest weapon resides in the technology of
nuclear fission, faces the prospect of catastrophic
failure. This makes it possible for ego-consciousness
to give way to a new consciousness. If we return to
the roots of human evolution and observe the structures
of consciousness from this vantage point, not only
will our past and present be revealed to us, the future
as well will open up before our eyes, enabling us,
amidst the disintegration of our age, to discern the
outlines of a new reality.
A new note, a new form, a new vision will become
perceivable where today we think we hear only cries
and dissonance."
In compositions such as "Diaphainon", "Maitreya",
and now again in "Gestalt fur Orchester"
(Figure for Orchestra), I have attempted to transform
Gebser's notion of the different forms of consciousness
- archaic, magical, mythical, mental and integral
- into a musical language. Archaic-magical consciousness
is rendered audible in the form of "monotony"
- rudimentary drones and rhythms - and the overtone
series.
Mythical consciousness is expressed by monophonic
modal scales and micro-intervals related to a central
pitch. Mental or rational consciousness is represented
by the evolution of Western art music from polyphony
and counterpoint to harmony and chromaticism, and
finally to serialism and musique concrete. According
to Gebser, the transition to integral awareness "consists
in the simultaneity of the magical, mythical and mental
components of human consciousness. In terms of my
music, this means a holistic union of rudimentary
rhythms and deep fundamentals with their overtone
series (physical or magical perception), monophonic
modal scales in a heterophonic texture (psychic or
mythical experience), and functional and dodecaphonic
harmony together with noise and Klangfarbenmusik (intellectual
or mental comprehension).
A holistic compositional approach of this sort also
implies the breakdown of ethnocentric boundaries,
and is open to medieval and non-European elements
rooted primarily in the realm of magic and myth. Naturally,
"integral music in the form outlined above cannot
simply be "generated". Rather, it is a preliminary
musical foundation for a holistic stance toward human
consciousness, and an attempt to interlink the contrary
musical components in my own mind. My realization
of this conception of music must speak for itself.
I composed "Gestalt fiir Orchester" at the
Villa Massimo, Rome, in March and April 1980. -- Peter
Michael Hamel
-------------------------
Einige Gedanken zum Komponisten PMH
von Terry Riley
Ich war eingeladen, während der Olympischen
Spiele 1972 in München zu spielen, und mein Konzert
fand an dem schicksalhaften Tag statt, als mehrere
israelische Athleten tragisch niedergeschossen wurden.
Wir kamen einige Tage früher nach München
in der Begleitung von La Monte Young, Marian Zazeela,
meiner Frau Ann und Pandit Pran Nath. Mein erster
Anblick von Peter bleibt mir in steter Erinnerung:
es war ein sonniger Tag mit blauem Himmel und dicken
weissen Wolken. Wir spazierten am Gelände der
Olympischen Spiele entlang und kamen an einen Platz,
wo Musiker unter freiem Himmel spielten, es war auf
der sogenannte "Spielstraße".
Einer der Musiker fing meinen Blick, da er ein farbiges
Stirnband trug und aussah als gehörte er zu den
Be-In's der 1960er, wo Hippies, Künstler und
Dichter sich zu Outdoor-Festivals versammelten, um
das Leben und das Am-Leben-Sein zu feiern. Am nächsten
Tag erschien der Junge mit dem Stirnband, um uns einen
Besuch zu erstatten und wir luden ihn auf einen Chai
und redeten miteinander.
Diese Person, die sich als Peter Michael Hamel herausstellte,
überraschte mich, da er in sehr informierter
Weise über meine Arbeit und die Arbeit von La
Monte Young und Pandit Pran Nath sprach und das in
einer Zeit, als unsere Arbeit noch nicht so verbreitet
war. In diesem Moment begann eine Freundschaft, die
über die Jahre immer wieder erneuert wurde. Wann
immer ich in Deutschland war, was in den damaligen
Jahren relativ häufig vorkam, konnte ich Peter
kontaktieren und wir verglichen die musikalischen
Entwicklungen und fanden viel Gemeinsames.
Beide teilten wir die Liebe zur Klassischen Indischen
Musik und erkannten ihre Bedeutung für eine sich
vermischende Weltkultur. Wir sahen, dass ihre bedeutende
Tradition notwendig sein könnte für die
zukünftige Entwicklung der Musik im Westen. Die
kultivierten Elemente der Melodie, des Rhythmus und
der Intonation, die sich über Jahrhunderte auf
dem indischen Sub-Kontinent entwickelt hatten, waren
für uns, die angezogen waren von dieser grossen
emotionalen Kraft, nun zum Lernen verfügbar.
Peter war nach Indien gegangen und hatte den Vokalisten
Pandit Patekar getroffen, mit dem er die vokalen Traditionen
studiert hatte und ich hatte 1970 etwas angefangen,
was sich als ein 26 Jahre langes intensives Studium
mit meinem Guru Pandit Pran Nath herausstellte. Dadurch,
dass damals nur so wenige Kollegen in die Klassische
Indische Musik involviert waren, hatte meine Verbindung
zu Peter eine wichtige Bedeutung.
Als ich von Walter Bachauer eingeladen wurde, das
Metamusik Festival 1974 in Berlin mit meinen Keyboard-Musik
zu eröffnen, traf ich mich wieder mit Peter und
seinem Freund Peter Pannke, der ebenfalls die indische
Verbindung hatte und Dhrupad-Gesang in Vrindavan studierte.
Das Metamusik Festival in Westberlin war meines Wissens
eines der ersten, wenn nicht das erste grosse, international
wahrgenommene Welt-Musik-Fest und der Energieaustausch
unter den teilnehmenden Musikern aus aller Welt und
die Verbindung mit dem elektrisierten Publikum waren
erheblich.
Als ich 1975 in Mary Bauermeisters Haus in der Nähe
von Köln wohnte, um eine Aufnahme mit Don Cherry
vorzubereiten, die Peter vermittelt hatte, traf ich
Pandit Patekar, Peters Lehrer, und ich hatte die Freude
mit Peter und Pandit für den Gesang des Morgen-Raga
zu sitzen. Manchmal kam Karlheinz Stockhausen (Ehemann
von Mary) zu Besuch und lebhafte Diskussionen über
die verschiedenen Ansichten und Qualitäten unserer
unterschiedlichen Arbeiten fanden statt. Peters Herz
schien sich damals nicht mit den Post -Webernschen
Traditionen, die sich so dominant in Deutschland entwickelten,
vereinen zu wollen. Seine Aufmerksamkeit war viel
mehr angezogen vom amerikanischen Minimalismus und
der ethnischen Musik anderer Kulturen und zu einem
bestimmten Grade auch von Rock und Jazz und von dem,
was sich später als New Age herausstellte.
In diesem Sinn stand er in Distanz zu dem Feld der
Modernen Musik in Deutschland. Er hatte die enorme
Bedeutung der Improvisation erkannt und die Bedeutung
des "im Augenblick"- Seins einer Performance.
Er verstand die Wichtigkeit des Experimentellen und
die Notwendigkeit, einen neuen Weg zu finden, seine
Ideen festzuhalten. Selbst ein kurzer Blick in seine
Partituren zeigt das! Er integrierte damals Elemente
von modalen Ragas in seine ausgeschriebenen Kompositionen
und ging einmal selbst so weit, dass er in einem seiner
Stücke als Vokalist auftrat, während er
in der Begleitung eines Orchesters auch selbst noch
die indische Tanpura spielte.
Dennoch ist seine Musik zur gleichen Zeit und im
Laufe der Jahre immer mehr verwurzelt in die grosse
deutsche Tradition und er ist heute anerkannt als
eine der bedeutenden Personen, deren Kompositionen
die Entwicklung des Repertoires des 20sten und 21sten
Jahrhunderts grossartig bereichert haben. Peters Persönlichkeit
ist gefüllt mit Wärme und seine Stimme hat
einen liebenden Honigschein, die eine Person mit einem
riesigen Herz enthüllt, das über seine Gedanken
und seine Einbildungskraft wacht.
Sein Buch "Durch Musik zum Selbst", seit
1978 in englischer Übersetzung, ist eines der
wichtigsten Werke über die Natur des Klanges
und hat seine Wurzeln in den alten Traditionen. Dieses
Buch hatte einen enormen Einfluss auf das Denken vieler
Musiker und Denker, die zum ersten Mal mit einem Schatz
von Ideen konfrontiert wurden, der sich hier enthüllte.
Diese Schrift vertiefte auch einige der Erfahrungen,
die ich selbst machte auf meinem Weg zur Indischen
Klassischen Musik, besonders in der Verbindung zu
den mystischen und heiligen Traditionen, die an den
Wurzeln der Klassichen Musik von Indien hängen.
Peter und ich traten zum ersten Mal gemeinsam öffentlich
1982 im AmerikaHaus in München auf. Wir improvisierten
an zwei Klavieren in einem Modus, an den ich mich
als den indischen Raga Bilaval erinnere. Peter hatte
vorher etwas mit Prepared Piano gespielt, hatte die
schwarzen Tasten seines Klaviers präpariert und
liess die weissen Tasten unverändert. Das gab
ihm die Möglichkeit, das Klavier doppelt zu nutzen
und zwei verschieden klingende Instrumente zu haben.
Es war eine erinnernswerte Nacht,
von welcher einiges live aufgenommen wurde.
1983 war Peter aktiv, um mich zu einem grossen indischen
Festivalkongreß eingeladen zu bekommen, zum
EAST WEST MUSIC ENCOUNTER in Bombay. Es war die erste
grosse Konferenz mit Musikern aus der ganzen Welt,
die eine Verbindung zu Indien hatten und sich zu Diskussionen
und Konzerten versammelten. Da die US-Regierung sich
geweigert hatte, mein Flugticket zu zahlen, vermittelte
Peter, dass das Goethe Institut für meine Reise
zahlte. Die Konferenz war gefüllt mit Komponisten
und Musikern aus Indien und der ganzen Welt. Unter
ihnen Andrej Eshpai, Zakir Hussein, Tom Ross, Peggy
Glanville Hicks, Professor Manfred Junius, Walter
Zimmermann, Roberto Laneri, Fahimuddin Dagar, Bhimsen
Joshi und natürlich Peter Michael Hamel, der
eine starke Klavieraufführung im wunderschönen
Tata Theater gab. Es war eine einmalige Gelegenheit
für Musiker, mit diversen kulturellen Hintergründen
zusammen zu kommen und ihre Musik für einander
zu spielen, um einen Sinn dafür zu entwickeln,
wie effektiv wir umgehen könnten mit den musikalischen
Traditionen Indiens. Die Diskussionen waren lebhaft
und manchmal kontrovers, aber notwendig als Geburtsignale
für ein neues wachsendes Feld: die breite Kollektion
von "Hybrid Modellen" inspiriert von der
Musik Indiens.
Um 2000 besuchte ich Peter und seine erstaunliche
Familie in Hamburg, wo er das ehrenvolle Amt des Kompositionsprofessors
übernahm, das einst Ligeti innehatte.
Er spielte am Klavier, sang und erfreute mich mit
der enthusiastischen Stärke einer Musik, die
der Motor seines Lebens ist.
TERRY RILEY
Sri Moonshine Ranch
2007, April 14th
(übersetzt von Marie Hamel, Vancouver, April
24th)
-------------------------
A few thoughts on composer Peter Michael Hamel...
by Terry Riley
I found myself invited to play at the summer Olympics
being held in Munich in 1972, my concert being on
that fateful day in which several Israeli athletes
were tragically gunned down. I arrived in Munich a
few days early in the company of La Monte Young, Marian
Zazeela, my wife Ann and Pandit Pran Nath. My first
glimpse of Peter Hamel stays in memory as it was on
sunny day with a blue sky and billowing puffy white
clouds. We were strolling the grounds where the Olympics
were held and came upon a square where some musicians
were playing outside. One of them caught my eye as
he was wearing a head band and looked like he would
have belonged to one of the BE-IN'S of the 1960's
where hippies artist and poets gathered for outdoor
festivities to celebrate life and being alive. The
next day this young boy with the head-band shows up
to pay us a visit and we invite him in for chai and
some conversation. This person, who turns out to be
Peter Michael Hamel, surprised me by speaking about
my work and the work of La Monte Young and Pandit
Pran Nath in a very informed manner, this, at a time
when our work was not so widely known. From that moment
on a friendship developed that was
renewed over the years. Whenever I happened to go
to Germany, which in those days was quite often, I
would look up Peter and we would compare musical notes.
We both shared a love of Indian classical music and
realized the importance of its role in a merging world
culture. We saw that its grand tradition could be
vital to the future development of music in the West.
The sophisticated elements of melody and rhythm and
intonation, which had been developed over centuries
on the Indian sub continent, were now available for
study to those of us who were attracted to its great
emotional power. Peter had gone to India and had met
the vocalist Pandit Patekar, with whom he had studied
the vocal tradition and I had started in 1970, what
would turn out to be an intensive 26 year study with
my Guru, Pandit Pran Nath. Since there were so few
of us in those days involved in Indian Classical music
my connection to Peter was an important one.
When I was invited by Walter Bachauer to play in
the Metamusik festival in Berlin in 1974, I again
met with Peter and his friend Peter Pannke who also
had the Indian connection and had been studying Dhrupad
in Vrindavan. The Metamusik festival was, to my knowledge,
one of the first, if not the first, large scale world
music festival and the excitement around the participating
musicians and audiences was electric.
In 1975, when I was staying at Mary Bauermeister's
house near Cologne, in order to prepare a recording
with Don Cherry, which Peter was producing, I met
Pandit Patekar, Peter's teacher and had the pleasure
to sit with Peter and the Pandit for morning raga
practice. Sometimes Karlheinz Stockhausen (husband
of Mary) would visit and there would be lively discussions
with all of us about the various approaches and qualities
of our diverse work. Peter's heart did not seem to
be aligned with the post Webern traditions that had
emerged so prevalently in Germany. His sensibilities
were attracted more to American minimalism and Indian
music and to some degree Rock and Jazz and what would
turn out to be New Age.
In this sense he stands apart in the field of modern
music of Germany. He has recognized the vast importance
of improvisation and being "in the moment"
in music performance. He realizes the importance of
experimentation and of finding new ways to notate
his ideas. Even a quick look at his scores reveals
that! He has integrated elements of Raga into his
composition, even to the degree that he performed
as a vocalist playing Tampura with an orchestral accompaniment
in one of his pieces. However, his music is at the
same time rooted in the great German tradition and
today he is recognized as a major figure whose compositions
have greatly enriched the development of 20th and
21st century repertoire. Peter's personality is filled
with great warmth and his voice has a loving honey
glow that reveals a person with vast heart, enquiring
mind and imagination.
His book, THROUGH MUSIC TO THE SELF, is one of the
most important writings on the nature of sound and
it's origins in ancient traditions. This book has
had an enormous impact on the thinking of many musicians
and thinkers confronted for the first time with the
treasury of ideas it revealed. It amplified some of
the experiences I had had in my own pursuit of Indian
Classical music. Especially in its connection to the
mystical and sacred traditions which are at the root
of the classical music of India.
In 1982, Peter and I performed together for the first
time at AmerikaHaus in Munich. We improvised together
on two pianos in a scale I remember being based on
the Indian Raga Bilaval. Peter had been working a
bit with prepared piano and had prepared the black
notes of his piano, leaving the white notes unaltered.
This gave him the possibility of having two separate
sounding instruments using one piano. It was a memorable
night from which the recording of THE TEN VOICES OF
THE TWO PROPHETS (Kuckuck Schallplatten 12047-2)
was recorded live.
In 1983, Peter was instrumental in getting me invited
to the EAST WEST MUSIC festival taking place in Bombay.
It was the first big conference with musicians from
around the world who had some connection to India,
coming together for discussions and concerts. Since
the US government refused to pay for my ticket to
India, Peter arranged for the Goethe Institute to
sponsor my trip. The conference was packed with composers
and performers from India and around the world. Among
them, Andrei Eshpai, Zakir Hussein, Tom Ross, Peggy
Glanville Hicks, Professor Manfred Junius, Roberto
Lanieri, Fahimuddin Dagar, Bhimsen Joshi and of course,
Peter Michael Hamel, who gave a powerful solo piano
performance in the beautiful Tata Theater. It was
a unique opportunity for musicians of diverse cultural
back grounds to get together and play our music for
each other and get a sense of how effectively we were
dealing with the musical traditions of India. The
discussions were lively and sometimes confrontational
but vital to the birth pangs of a new and growing
field; the vast array of hybrid models inspired by
the music of India.
Around 2000 I visited Peter and his amazing family
in Hamburg where he holds the prestigious chair of
composition once held by Ligeti. He played the piano,
sang and delighted me with the irrepressible force
of music that is the engine of his life.
TERRY RILEY
2007, April 14th
Peter Michael Hamel, 1972