peter michael hamel

geboren am 15. Juli 1947 in München, erhielt seinen ersten Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren bei seiner Großtante Amalie Jensen-Pletsch, später kamen Violine, Violoncello und Horn hinzu. 1965-70 studierte Hamel Komposition, erst privat bei Fritz Büchtger, anschließend an der Staatlichen Hochschule für Musik in München bei Günter Bialas. Im gleichen Zeitraum auch Musikwissenschaft bei Thrasybulos Georgiades und Carl Dahlhaus, Soziologie und Psychologie in München und Berlin, Beschäftigung mit Free Jazz, politischem Kabarett, Musique Concrète und Elektronik. Schauspiel- und Fernsehspielmusik für Inszenierungen seines Vaters Kurt Peter Hamel (1911-1979).

Zwischen 1969 und 1974 arbeitete Hamel vorwiegend mit amerikanischen Komponisten zusammen, etwa mit John Cage, Morton Feldman und Terry Riley. Er nahm als Mitarbeiter von Josef Anton Riedl an dessen multimedialen Projekten teil, improvisierte mit Jazzmusikern, aber auch mit Luc Ferrari und Carl Orff und praktizierte freies Stegreifspiel in der von ihm mitgegründeten international besetzten Improvisationsgruppe Between (6 wiederveröffentlichte CDs bei intuition/wergo).

Ab 1971 begann Hamel als Pianist, Organist, Sänger und Live-Elektroniker mit eigenen Werke aufzutreten und zahlreiche Tourneen mit dem Goethe-Institut zu unternehmen, die ihn unter anderem nach Bombay, Delhi, Madras, San Francisco, New York, Toronto, Seoul, Osaka, Kyoto, Rom, Dublin, Glasgow, Moskau, Madrid, Lissabon, Paris und Prag führten. Auf mehreren Asienreisen beschäftigte er sich seit 1973 mit dem Studium fernöstlicher Gesangstile und Tonsysteme. Sein daraus gewonnenes Wissen sowie ästhetische Reflexionen zur Musik seiner Zeit fasste er in dem 1976 erschienenen Buch Durch Musik zum Selbst zusammen (Taschenbuch in 7.Auflage bei Bärenreiter).

Während seines Stipendiumaufenthaltes in der Villa Massimo in Rom 1979/80 entstand das erste abendfüllende Bühnenwerk Ein Menschentraum, 1981 in Kassel in der Inszenierung von Dieter Dorn uraufgeführt.

Vortrags- und Konzertreisen führten ihn 1982-1990 durch Europa, USA und Asien. In diesem Zeitraum entstanden neben vielen Kammermusikwerken (darunter das 1986 vom Kronos-Quartett bei den Darmstädter Ferienkursen uraufgeführte Zweite Streichquartett), verschiedene Bühnenmusiken für die Münchner Kammerspiele, sowie die Lyrikoper Kassandra (uraufgeführt 1987 bei den Frankfurt Festen). Außerdem wurde seine Musik mehrfach bei den IGNM-Weltmusiktagen aufgeführt, ebenso bei den Salzburger Festspielen und den Berliner Festwochen.

Orchester- und Chormusik für die Donaueschinger Musiktage und alle (west-)deutschen Rundfunkanstalten. Seine erste große Sinfonie Die Lichtung erklang 1988 zum Abschluß der 1. Münchener Biennale unter Sergiu Celibidache, bei dem Hamel Phänomenologiestudien betrieb, 1990 folgte ein Violinkonzert für Christiane Edinger in der Reihe Musica Viva in München. 1994-96 lehrte Hamel als Gastprofessor an der Musikhochschule Graz.

Als Auftragswerk zum 100. Geburtstag der Münchner Philharmoniker 1995 entstand die erfolgreich aufgeführte Missa. Anschließend schrieb der Komponist weitere oratorische Werke, wie die Passion (uraufgeführt mit Dietrich Fischer-Dieskau) und Die Menschenrechte für mehrere SolistInnen und Schulchöre. Sein vielleicht radikalstes Musiktheater-Projekt, das aus einem Musiktheater und einer Radiokomposition bestehende Shoah setzt sich mit dem Holocaust auseinander (1990-96), die darin enthaltenen Fünf Tore für Orchester wurden 2009 innerhalb der Hamburger Reihe "das neue werk" uraufgeführt.

Hamels Orchester-, Chor- und Kammermusikwerke sind bei Bärenreiter, E.R.P. und Schott verlegt, zahlreiche CD-Veröffentlichungen bei wergo/intuition und Celestial Harmonies, TV-Produktionen, Filmportraits und Stimmfilm-Neuvertonungen für den BR (Passion, 1997) und das ZDF (SWD, Der lebende Leichnam, Dr.Caligari). Neuveröffentlichungen auf CD 2007: Alexander String Quartet und Vom Klang des Lebens mít Roger Woodward, der 2009 auch im Münchener Gasteig die konzertante Weltpremiere des einstündigen Klavierwerkes spielte.

1997 wurde Hamel als Professor für Komposition und Theorie an die Hamburger Hochschule für Musik und Theater berufen. Dort war er Leiter des Studio 21 für aktuelle Musik und ist präsidialer Beauftragter für interkulturelle und interdisziplinäre Projekte.

In Hamels Kompositionsklasse machten so erfolgreiche und verschiedenartige junge Komponisten wie Jörn Arnecke, Minas Borboudakis oder Sascha Lino Lemke ihr Diplom, seine Studierenden im Multimedia-Masterstudiengang kommen und kamen aus Argentinien, China, Frankreich, Griechenland, Kolumbien, Rumänien, Portugal und Südkorea.

Mit dem 1998 gegründeten Interkulturellen Musikinstitut in Aschau/Chiemgau, dem Hauptwohnsitz seiner siebenköpfigen Familie, schuf Hamel ein über die Grenzen des akademischen Betriebs hinaus arbeitendes Forum für harmonikale Grundlagenforschung, akustische Kunst, Ethnomusikologie, Gruppenimprovisation, sowie Stimm- und Atemarbeit.

Seit 2000 ist Hamel Vorsitzender der Musiksektion an der Freien Akademie der Künste, Hamburg und im Juli 2007 wurde er in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen. Seine zweite Sinfonie Die Auflösung für Chor und Orchester (2000-2007) hatte 2008 ihre Premiere bei der 11. Münchener Biennale. Derzeit arbeitet der Komponist an einem umfänglichen Musiktheaterprojekt zum Thema Nahtoderfahrungen: last minute, eine Teiluraufführung fand am 18.6.09 in der Münchner Musica Viva statt.

Zahlreiche Preise würdigten sein Schaffen, darunter Förderpreise der Städte Bonn (1974), Stuttgart (1975), München (1977), der GEMA-Stiftung (1981), zweimal „Rostrum of Composers“, Paris. Hamel war composer in residence im Westen der Republik Irland und beim Schleswig Holstein Musikfestival 1988. Im gleichen Jahr folgte der Schwabinger Kunstpreis der Stadt München und 1994 ein Preis beim Carl-Orff-Wettbewerb für zeitgenössisches Musiktheater. Im Juli 2007 wurde er für seine Chormusik mit dem Gerhard-Maasz-Preis ausgezeichnet und im November 2008 wurde ihm der Gerda- und Günter Bialas-Kompositionspreis verliehen.

Zu Hamels 60.Geburtstag schrieb der Staatsminister der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann: „als Wanderer zwischen den musikalischen Welten sind Sie ein Pionier: Von neuer Musik über Jazz und Rock bis zu außereuropiäischen Einflüssen reicht das Spektrum der Traditionen, aus denen Ihre Musik schöpft. Aus immer neuen Quellen haben Sie Inspiration für Ihre Werke gewonnen und dabei doch ein ganz eigenes, originäres Universum geschaffen. Mit ihren Grenzüberschreitungen haben Sie das Musikleben in Deutschland außerordentlich bereichert und gehören heute zu den herausragenden Komponisten der Gegenwart.“

Literatur:
Peter Michael Hamel: Ein neuer Ton, Schriften zu einer ganzen Musik
(Alliteraverlag, München, 2007)
Frank Helfrich: Zwischen den Welten – zum Komponieren von PMH
(Pfauverlag, Saarbrücken, 1999)

NMZ, July August 2007

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Peter Michael Hamel (born in Munich, 15 July, 1947) ranks as one of the best known and most successful German composers of his generation. He studied musical composition, psychology and sociology in Munich and Berlin with teachers as Bialas, Büchtger, Dahlhaus and Georgiades, attended workshops with Karlheinz Stockhausen and continued his education abroad, spending several extensive periods in Asia. Hamel has entered into an intensive engagement with musical cultures from outside Europe, especially the classical music of India. He has drawn inspiration from Asian philosophies and from encounter with the works of Jean Gebser and C.G.Jung to present music that seeks to make itself accessible to the listener through meditative experience and self-exploration. Also he worked and studied with great American composers as John Cage, Morton Feldman and Terry Riley.

In 1970, he founded "Between", an international group of improvisational music with whom he made several records, published by intuition/wergo and in 1978 he initiated the Freies Musikzentrum in Munich, an institute for musical education and therapy. In 1976, his book Through Music to the Self was published, obtaining wide circulation in Europe and the U.S.

Since 1997 he is the successor of György Ligeti as professor for composition at the music academy of Hamburg. His orchestra and chambermusic is published by Schott, Bärenreiter and E.R.P./Celestial Harmonies. He composed four operas, many pieces for orchestra as "Gestalt", violin and piano concertos, spiritual compositions as "Missa" for soprano, choirs and orchestra, "Shoah" (radio-composition about the Holocaust), a lot of chambermusic like four stringquartets and he is constantly working as a selfperforming artist (piano, prepared piano, pipe organ, voice and live-electronics). His first symphony has been premiered by Sergiu Celibidache in 1988, his second symphony had its premiere in April 2008 with the Munich Philharmonic. In 2007 Hamel's "Of the Sound of Life" for great pianist Roger Woodward has been published by Celestial Harmonies (13256-2).

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Peter Michael Hamel, "Gestalt for Orchestra"

Sinfonieorchester des Südwestfunks
Cristobal Halffter, conductor

PETER MICHAEL HAMEL

No composer of his generation has met the challenge of non-European music so squarely and worked it into his own music so intensively as has Peter Michael Hamel. And the many facets of his output reflect not only a complex personality but also a multi-level view of music and society which Hamel has faced from the outset of his career.

Born in Munich in 1947, Hamel first studied composition with Buchtger and Bialas and musicology with Georgiades and Dahlhaus. But even as a young man he was not interested solely in the analysis of contemporary music or in the creative potential of composition: he was equally fascinated by those spontaneous crusades into new musical realms which are possible in a group, and which were undertaken in the 1960s in Free Jazz as well as by many free improvisation ensembles.

From the age of 23 Hamel devoted himself whole-heartedly for an entire decade to the improvisatory group "Between", which he co-founded. The very name of the group harbours an aesthetic platform; as Hamel himself has said: '"Between means the intermediary world in which 'between music' takes place. Between music is collective music. Between music is improvised composition. It takes place between the 'philharmonic', the 'avant-garde' and 'jazz'. The six musicians in Between come from two continents and three worlds. Their dream is the blue flower growing between the
milestones on the road to a future world-music."

The music of this group, which was documented in a continuous series of gramophone recordings, is fascinating not only for its gingerly approach to non-European musical models but also for its fruitful and far-ranging confrontation with indigenous music of several centuries and continents. Hamel himself appeared at many festivals as a pianist, organist, singer and producer of live electronic sounds, honing himself into a musician and composer by constant contact with the practical side of music. He made several foreign tours, of which those to the Indian subcontinent turned into intellectually crucial voyages of discovery.

In 1976 he published a book, "Durch Musik zum Selbst" (Using music to reach the Self), an impressive account of his association with non-European music which reflects his studies of Indian vocal styles and tonal systems as well as his experiences with breathing therapy. This book reveals fundamental spiritual patterns which even today still serve as the basis of his work as a composer. Hamel's early essays in composition such as "Dharana" for orchestra, solo improvisers and tape (1972) or "Samma Samadhi" for orchestra, chorus and solo improvisers (1972-3) attempt to transform his experiences with non-European music to meet the demands of improvisation. With his orchestral piece "Diaphainon" (1973-4), "Maitreya" (1974) and "Integrale Musik" (197~-6), however, he began a series of works which continues to the present day and might best be described as experiments in integration. All of these pieces attempt to fuse spiritual experiences from two major cultural realms. And it is no secret that in recent years - most notably in his opera "Ein Menschentraum" (A dream of man) which was premiered in Kassel in 1981 - Hamel has restrained the "oriental", i. e. Indian, Tibetan and Far-Eastern influences in his music, solidifying the compositional structure and eliminating the influence of improvisation. This same "East-West" conflict reappears in sublimated form in his "Gestalt fur Orchester", a work written in 1980 for the Donaueschingen Festival and premiered there in the same year. -- Wolfgang Burde

Holistic Composition

In autumn of 1972 I first became acquainted with the writings of Jean Gebser, a Swiss cultural philosopher who, in his major works "Abendlandische Wandlung" and "Ursprung und Gegenwart", argues on behalf of a change of consciousness, which he considers a necessity of our time. As he wrote in "Ursprung und Gegenwart": "Today, rational ego-consciousness, whose mightiest weapon resides in the technology of nuclear fission, faces the prospect of catastrophic failure. This makes it possible for ego-consciousness to give way to a new consciousness. If we return to the roots of human evolution and observe the structures of consciousness from this vantage point, not only will our past and present be revealed to us, the future as well will open up before our eyes, enabling us, amidst the disintegration of our age, to discern the outlines of a new reality.

A new note, a new form, a new vision will become perceivable where today we think we hear only cries and dissonance."

In compositions such as "Diaphainon", "Maitreya", and now again in "Gestalt fur Orchester" (Figure for Orchestra), I have attempted to transform Gebser's notion of the different forms of consciousness - archaic, magical, mythical, mental and integral - into a musical language. Archaic-magical consciousness is rendered audible in the form of "monotony" - rudimentary drones and rhythms - and the overtone series.

Mythical consciousness is expressed by monophonic modal scales and micro-intervals related to a central pitch. Mental or rational consciousness is represented by the evolution of Western art music from polyphony and counterpoint to harmony and chromaticism, and finally to serialism and musique concrete. According to Gebser, the transition to integral awareness "consists in the simultaneity of the magical, mythical and mental components of human consciousness. In terms of my music, this means a holistic union of rudimentary rhythms and deep fundamentals with their overtone series (physical or magical perception), monophonic modal scales in a heterophonic texture (psychic or mythical experience), and functional and dodecaphonic harmony together with noise and Klangfarbenmusik (intellectual or mental comprehension).

A holistic compositional approach of this sort also implies the breakdown of ethnocentric boundaries, and is open to medieval and non-European elements rooted primarily in the realm of magic and myth. Naturally, "integral music in the form outlined above cannot simply be "generated". Rather, it is a preliminary musical foundation for a holistic stance toward human consciousness, and an attempt to interlink the contrary musical components in my own mind. My realization of this conception of music must speak for itself. I composed "Gestalt fiir Orchester" at the Villa Massimo, Rome, in March and April 1980. -- Peter Michael Hamel

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Einige Gedanken zum Komponisten PMH
von Terry Riley

Ich war eingeladen, während der Olympischen Spiele 1972 in München zu spielen, und mein Konzert fand an dem schicksalhaften Tag statt, als mehrere israelische Athleten tragisch niedergeschossen wurden. Wir kamen einige Tage früher nach München in der Begleitung von La Monte Young, Marian Zazeela, meiner Frau Ann und Pandit Pran Nath. Mein erster Anblick von Peter bleibt mir in steter Erinnerung: es war ein sonniger Tag mit blauem Himmel und dicken weissen Wolken. Wir spazierten am Gelände der Olympischen Spiele entlang und kamen an einen Platz, wo Musiker unter freiem Himmel spielten, es war auf der sogenannte "Spielstraße".

Einer der Musiker fing meinen Blick, da er ein farbiges Stirnband trug und aussah als gehörte er zu den Be-In's der 1960er, wo Hippies, Künstler und Dichter sich zu Outdoor-Festivals versammelten, um das Leben und das Am-Leben-Sein zu feiern. Am nächsten Tag erschien der Junge mit dem Stirnband, um uns einen Besuch zu erstatten und wir luden ihn auf einen Chai und redeten miteinander.

Diese Person, die sich als Peter Michael Hamel herausstellte, überraschte mich, da er in sehr informierter Weise über meine Arbeit und die Arbeit von La Monte Young und Pandit Pran Nath sprach und das in einer Zeit, als unsere Arbeit noch nicht so verbreitet war. In diesem Moment begann eine Freundschaft, die über die Jahre immer wieder erneuert wurde. Wann immer ich in Deutschland war, was in den damaligen Jahren relativ häufig vorkam, konnte ich Peter kontaktieren und wir verglichen die musikalischen Entwicklungen und fanden viel Gemeinsames.

Beide teilten wir die Liebe zur Klassischen Indischen Musik und erkannten ihre Bedeutung für eine sich vermischende Weltkultur. Wir sahen, dass ihre bedeutende Tradition notwendig sein könnte für die zukünftige Entwicklung der Musik im Westen. Die kultivierten Elemente der Melodie, des Rhythmus und der Intonation, die sich über Jahrhunderte auf dem indischen Sub-Kontinent entwickelt hatten, waren für uns, die angezogen waren von dieser grossen emotionalen Kraft, nun zum Lernen verfügbar.
Peter war nach Indien gegangen und hatte den Vokalisten Pandit Patekar getroffen, mit dem er die vokalen Traditionen studiert hatte und ich hatte 1970 etwas angefangen, was sich als ein 26 Jahre langes intensives Studium mit meinem Guru Pandit Pran Nath herausstellte. Dadurch, dass damals nur so wenige Kollegen in die Klassische Indische Musik involviert waren, hatte meine Verbindung zu Peter eine wichtige Bedeutung.

Als ich von Walter Bachauer eingeladen wurde, das Metamusik Festival 1974 in Berlin mit meinen Keyboard-Musik zu eröffnen, traf ich mich wieder mit Peter und seinem Freund Peter Pannke, der ebenfalls die indische Verbindung hatte und Dhrupad-Gesang in Vrindavan studierte. Das Metamusik Festival in Westberlin war meines Wissens eines der ersten, wenn nicht das erste grosse, international wahrgenommene Welt-Musik-Fest und der Energieaustausch unter den teilnehmenden Musikern aus aller Welt und die Verbindung mit dem elektrisierten Publikum waren erheblich.

Als ich 1975 in Mary Bauermeisters Haus in der Nähe von Köln wohnte, um eine Aufnahme mit Don Cherry vorzubereiten, die Peter vermittelt hatte, traf ich Pandit Patekar, Peters Lehrer, und ich hatte die Freude mit Peter und Pandit für den Gesang des Morgen-Raga zu sitzen. Manchmal kam Karlheinz Stockhausen (Ehemann von Mary) zu Besuch und lebhafte Diskussionen über die verschiedenen Ansichten und Qualitäten unserer unterschiedlichen Arbeiten fanden statt. Peters Herz schien sich damals nicht mit den Post -Webernschen Traditionen, die sich so dominant in Deutschland entwickelten, vereinen zu wollen. Seine Aufmerksamkeit war viel mehr angezogen vom amerikanischen Minimalismus und der ethnischen Musik anderer Kulturen und zu einem bestimmten Grade auch von Rock und Jazz und von dem, was sich später als New Age herausstellte.

In diesem Sinn stand er in Distanz zu dem Feld der Modernen Musik in Deutschland. Er hatte die enorme Bedeutung der Improvisation erkannt und die Bedeutung des "im Augenblick"- Seins einer Performance. Er verstand die Wichtigkeit des Experimentellen und die Notwendigkeit, einen neuen Weg zu finden, seine Ideen festzuhalten. Selbst ein kurzer Blick in seine Partituren zeigt das! Er integrierte damals Elemente von modalen Ragas in seine ausgeschriebenen Kompositionen und ging einmal selbst so weit, dass er in einem seiner Stücke als Vokalist auftrat, während er in der Begleitung eines Orchesters auch selbst noch die indische Tanpura spielte.

Dennoch ist seine Musik zur gleichen Zeit und im Laufe der Jahre immer mehr verwurzelt in die grosse deutsche Tradition und er ist heute anerkannt als eine der bedeutenden Personen, deren Kompositionen die Entwicklung des Repertoires des 20sten und 21sten Jahrhunderts grossartig bereichert haben. Peters Persönlichkeit ist gefüllt mit Wärme und seine Stimme hat einen liebenden Honigschein, die eine Person mit einem riesigen Herz enthüllt, das über seine Gedanken und seine Einbildungskraft wacht.

Sein Buch "Durch Musik zum Selbst", seit 1978 in englischer Übersetzung, ist eines der wichtigsten Werke über die Natur des Klanges und hat seine Wurzeln in den alten Traditionen. Dieses Buch hatte einen enormen Einfluss auf das Denken vieler Musiker und Denker, die zum ersten Mal mit einem Schatz von Ideen konfrontiert wurden, der sich hier enthüllte. Diese Schrift vertiefte auch einige der Erfahrungen, die ich selbst machte auf meinem Weg zur Indischen Klassischen Musik, besonders in der Verbindung zu den mystischen und heiligen Traditionen, die an den Wurzeln der Klassichen Musik von Indien hängen.

Peter und ich traten zum ersten Mal gemeinsam öffentlich 1982 im AmerikaHaus in München auf. Wir improvisierten an zwei Klavieren in einem Modus, an den ich mich
als den indischen Raga Bilaval erinnere. Peter hatte vorher etwas mit Prepared Piano gespielt, hatte die schwarzen Tasten seines Klaviers präpariert und liess die weissen Tasten unverändert. Das gab ihm die Möglichkeit, das Klavier doppelt zu nutzen und zwei verschieden klingende Instrumente zu haben. Es war eine erinnernswerte Nacht,
von welcher einiges live aufgenommen wurde.

1983 war Peter aktiv, um mich zu einem grossen indischen Festivalkongreß eingeladen zu bekommen, zum EAST WEST MUSIC ENCOUNTER in Bombay. Es war die erste grosse Konferenz mit Musikern aus der ganzen Welt, die eine Verbindung zu Indien hatten und sich zu Diskussionen und Konzerten versammelten. Da die US-Regierung sich geweigert hatte, mein Flugticket zu zahlen, vermittelte Peter, dass das Goethe Institut für meine Reise zahlte. Die Konferenz war gefüllt mit Komponisten und Musikern aus Indien und der ganzen Welt. Unter ihnen Andrej Eshpai, Zakir Hussein, Tom Ross, Peggy Glanville Hicks, Professor Manfred Junius, Walter Zimmermann, Roberto Laneri, Fahimuddin Dagar, Bhimsen Joshi und natürlich Peter Michael Hamel, der eine starke Klavieraufführung im wunderschönen Tata Theater gab. Es war eine einmalige Gelegenheit für Musiker, mit diversen kulturellen Hintergründen zusammen zu kommen und ihre Musik für einander zu spielen, um einen Sinn dafür zu entwickeln, wie effektiv wir umgehen könnten mit den musikalischen Traditionen Indiens. Die Diskussionen waren lebhaft und manchmal kontrovers, aber notwendig als Geburtsignale für ein neues wachsendes Feld: die breite Kollektion von "Hybrid Modellen" inspiriert von der Musik Indiens.

Um 2000 besuchte ich Peter und seine erstaunliche Familie in Hamburg, wo er das ehrenvolle Amt des Kompositionsprofessors übernahm, das einst Ligeti innehatte.
Er spielte am Klavier, sang und erfreute mich mit der enthusiastischen Stärke einer Musik, die der Motor seines Lebens ist.

TERRY RILEY
Sri Moonshine Ranch
2007, April 14th
(übersetzt von Marie Hamel, Vancouver, April 24th)

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A few thoughts on composer Peter Michael Hamel...
by Terry Riley

I found myself invited to play at the summer Olympics being held in Munich in 1972, my concert being on that fateful day in which several Israeli athletes were tragically gunned down. I arrived in Munich a few days early in the company of La Monte Young, Marian Zazeela, my wife Ann and Pandit Pran Nath. My first glimpse of Peter Hamel stays in memory as it was on sunny day with a blue sky and billowing puffy white clouds. We were strolling the grounds where the Olympics were held and came upon a square where some musicians were playing outside. One of them caught my eye as he was wearing a head band and looked like he would have belonged to one of the BE-IN'S of the 1960's where hippies artist and poets gathered for outdoor festivities to celebrate life and being alive. The next day this young boy with the head-band shows up to pay us a visit and we invite him in for chai and some conversation. This person, who turns out to be Peter Michael Hamel, surprised me by speaking about my work and the work of La Monte Young and Pandit Pran Nath in a very informed manner, this, at a time when our work was not so widely known. From that moment on a friendship developed that was
renewed over the years. Whenever I happened to go to Germany, which in those days was quite often, I would look up Peter and we would compare musical notes.

We both shared a love of Indian classical music and realized the importance of its role in a merging world culture. We saw that its grand tradition could be vital to the future development of music in the West. The sophisticated elements of melody and rhythm and intonation, which had been developed over centuries on the Indian sub continent, were now available for study to those of us who were attracted to its great emotional power. Peter had gone to India and had met the vocalist Pandit Patekar, with whom he had studied the vocal tradition and I had started in 1970, what would turn out to be an intensive 26 year study with my Guru, Pandit Pran Nath. Since there were so few of us in those days involved in Indian Classical music my connection to Peter was an important one.

When I was invited by Walter Bachauer to play in the Metamusik festival in Berlin in 1974, I again met with Peter and his friend Peter Pannke who also had the Indian connection and had been studying Dhrupad in Vrindavan. The Metamusik festival was, to my knowledge, one of the first, if not the first, large scale world music festival and the excitement around the participating musicians and audiences was electric.

In 1975, when I was staying at Mary Bauermeister's house near Cologne, in order to prepare a recording with Don Cherry, which Peter was producing, I met Pandit Patekar, Peter's teacher and had the pleasure to sit with Peter and the Pandit for morning raga practice. Sometimes Karlheinz Stockhausen (husband of Mary) would visit and there would be lively discussions with all of us about the various approaches and qualities of our diverse work. Peter's heart did not seem to be aligned with the post Webern traditions that had emerged so prevalently in Germany. His sensibilities were attracted more to American minimalism and Indian music and to some degree Rock and Jazz and what would turn out to be New Age.

In this sense he stands apart in the field of modern music of Germany. He has recognized the vast importance of improvisation and being "in the moment" in music performance. He realizes the importance of experimentation and of finding new ways to notate his ideas. Even a quick look at his scores reveals that! He has integrated elements of Raga into his composition, even to the degree that he performed as a vocalist playing Tampura with an orchestral accompaniment in one of his pieces. However, his music is at the same time rooted in the great German tradition and today he is recognized as a major figure whose compositions have greatly enriched the development of 20th and 21st century repertoire. Peter's personality is filled with great warmth and his voice has a loving honey glow that reveals a person with vast heart, enquiring mind and imagination.

His book, THROUGH MUSIC TO THE SELF, is one of the most important writings on the nature of sound and it's origins in ancient traditions. This book has had an enormous impact on the thinking of many musicians and thinkers confronted for the first time with the treasury of ideas it revealed. It amplified some of the experiences I had had in my own pursuit of Indian Classical music. Especially in its connection to the mystical and sacred traditions which are at the root of the classical music of India.

In 1982, Peter and I performed together for the first time at AmerikaHaus in Munich. We improvised together on two pianos in a scale I remember being based on the Indian Raga Bilaval. Peter had been working a bit with prepared piano and had prepared the black notes of his piano, leaving the white notes unaltered. This gave him the possibility of having two separate sounding instruments using one piano. It was a memorable night from which the recording of THE TEN VOICES OF THE TWO PROPHETS (Kuckuck Schallplatten 12047-2) was recorded live.

In 1983, Peter was instrumental in getting me invited to the EAST WEST MUSIC festival taking place in Bombay. It was the first big conference with musicians from around the world who had some connection to India, coming together for discussions and concerts. Since the US government refused to pay for my ticket to India, Peter arranged for the Goethe Institute to sponsor my trip. The conference was packed with composers and performers from India and around the world. Among them, Andrei Eshpai, Zakir Hussein, Tom Ross, Peggy Glanville Hicks, Professor Manfred Junius, Roberto Lanieri, Fahimuddin Dagar, Bhimsen Joshi and of course, Peter Michael Hamel, who gave a powerful solo piano performance in the beautiful Tata Theater. It was a unique opportunity for musicians of diverse cultural back grounds to get together and play our music for each other and get a sense of how effectively we were dealing with the musical traditions of India. The discussions were lively and sometimes confrontational but vital to the birth pangs of a new and growing field; the vast array of hybrid models inspired by the music of India.

Around 2000 I visited Peter and his amazing family in Hamburg where he holds the prestigious chair of composition once held by Ligeti. He played the piano, sang and delighted me with the irrepressible force of music that is the engine of his life.

TERRY RILEY
2007, April 14th

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Peter Michael Hamel, 1972

NMZ, July August 2007

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